Artur Ulmer – unser Kendo-Urgestein

Dass ich mit fast 79 Jahren immer noch Kendo betreiben kann.

Mit diesem Interview wollen wir einmal Artur Ulmer, ein Urgestein unserer Kendogruppe, in den Mittelpunkt rücken. Artur ist nun schon 79 Jahre alt und hat Kendo nach eigener Aussage mit der Danpassnummer 155 am 5.11.1987 im Lübecker Judo-Club unter Holger Provos begonnen – einem Danträger der ersten Generation, dem Artur die Passnummer 9 glaubt zuschreiben zu können.

Wie so häufig im europäischen Raum hast du eher spät mit Kendo begonnen, in Japan starten die meisten schließlich in der Grundschule. Was hat dich damals dazu gebracht mit Kendo anzufangen?

Bei unseren Turnieren ist Artur häufig im Hintergrund bei der Tischbesetzung zu finden. Hier verfolgt er gespannt mit Peter und dessen Sohn einen Halbfinalkampf beim ersten Kokoro-Cup im Frühjahr 2023.

Ich war da 43 Jahre alt. Eine Zeit des Umbruchs und des Suchens (die in dem Alter übliche Lebenskrise). Unter Anderem ging meine Ehe so langsam in die Brüche. Und da begegnete ich einem Mann, der sich mit allerlei Kampfkünsten beschäftigte, eben auch mit Kendo. Allerdings nicht in einem Verein. Ich wollte dann mein Kendo in geordnete Bahnen lenken und ging zunächst nach Lübeck, später dann nach Hamburg (1994).

Zu dem Zeitpunkt warst du als Wissenschaftler noch voll im Einsatz. Hat sich durch dein Hobby im Alltag etwas verändert?

Privat ganz sicher, Kendo war sicher wohl auch ein, wenn auch geringer Grund, für die Scheidung. Beruflich hat mir Kendo sicherlich etwas mehr Sicherheit im Umgang mit Mitarbeitern gebracht. Aber das würde ich vermutlich eher meiner Beschäftigung mit dem Buddhismus zuschreiben.

Sowohl dein damaliger Beruf als auch dein Hobby sind nicht unbedingt die
häufigsten, die gewählt werden. Wie gut lie
ßen sich die beiden für dich vereinbaren, konntest du vielleicht sogar Soft Skills aus dem Kendo in deinen Beruf einbringen?

Ich sehe überhaupt keine Grund, weshalb mein Beruf nicht mit Kendo vereinbar sein sollte. Soft Skills ist mir kein Begriff, musste erst im Internet danach suchen. Natürlich haben Soft Skills aus dem Kendo einen Einfluss auf die Ausübung meines Berufs gehabt. Alles hängt mit allem irgendwie zusammen. Alles was ich tue hat Einfluss auf alles was ich tue.

Wenn man sich in Deutschland bei dem einen oder anderen Turnier und Lehrgang mit anderen Kendoka unterhält, dann kennt man den Artur aus Hamburg quasi überall. Lässt sich das für dich auf besondere Erfolge zurückführen?

Nein, besondere Erfolge habe ich nicht. Vielleicht ist auch ein Grund, weil mein Neffe (Jan Ulmer) zweimal Europa Vizemeister war. Aber ich will mich nicht mit fremden Federn schmücken. Fragt doch mal auf den Lehrgängen bei den Leuten nach, die mich kennen.

Anmerkung der Redaktion: Das haben wir natürlich getan und gerade die jüngeren Kendoka, die Mal in Hamburg oder beim Gasshuku in Oldenburg und beim Keikokai in Rottweil auf Artur getroffen sind, haben sich mehr als fasziniert von Arturs freudiger Ausstrahlung und seiner ungebrochenen Freude am Kendo gezeigt. Aber noch viel wichtiger wurde ausnahmslos festgestellt „Ich hoffe in dem Alter immernoch mit so viel Ausdauer und Spaß Kendo machen zu können!“. Von Ralph Lehmann ist uns „Du bist doch bei Haruna, Angela und Artur im Dojo, oder? Das merkt man und da brauche ich dir keine Tipps geben, die drei machen das schon.“ im Gedächtnis geblieben.

Worauf bist du in deiner Kendokarriere besonders stolz?

Dass ich mit fast 79 Jahren immer noch Kendo betreiben kann. Auf fast allen Lehrgängen bin ich der Älteste.

Mit welchen Zielen und Vorsätzen nimmst du aktuell am Training teil?

Meine Ziele und Vorsätze sind immer noch zu lernen und mein Kendo zu verbessern.

Ich habe festgestellt, dass ich einige Hobbies, wie zum Beispiel aktiver Jazzmusiker oder Segler, aufgegeben habe, nachdem meine Entwicklung zum Stehen gekommen ist. Das ist mir beim Kendo noch nicht passiert.

Die Divise bei dem Lehrgang Keikokai ist auch “Lebenslanges KENDO mit der KendoIdee“; Passt zu mir.

Wann macht dir das Training am allermeisten Spaß, worauf freust du dich am meisten?

Viele wissen es ja, meine Devise beim Kendo ist Spaß, Kampfgeist und Technik in dieser Reihenfolge der Gewichtung. Am allermeisten Spaß macht mir Kendo, wenn das Training all diese drei Eigenschaft beinhaltet. Übrigens ist das auf dem Keikokai hervorragend etabliert. Deshalb fahre ich, wenn möglich, auch immer hin. Ich freue mich bei uns am meisten auf ein Jigeiko mit Haruna, Kokoro, und Michi. Haruna, Kokoro wegen ihres hervorragenden Kendo, und Michi wegen seines herausragenden Kampfgeist.

Was ist dein Eindruck der Erwachsenentruppe? Wir haben schließlich einen breiten Mix über viele verschiedene Alters, Leistungs und Graduierungsklassen hinweg.

Dieser Mix ist gerade das Interessante. Es ist eine gute Übung, mit jeder
Leistungsklasse zurecht zu kommen. Vor allem die niedrigen Leistungsklassen sind
immer eine Herausforderung. Ich habe immer noch Schwierigkeiten, mich auf eine sehr niedrige Leistungsklasse einzustellen, so dass der Partner als auch ich etwas davon haben.

Vielen Dank für deine offenen und ehrlichen Antworten und auch für das ausgteilte Lob. Hoffentlich haben wir noch viele Jahre gemeinsam Spaß beim Kendo!